Viagra-Überschrift.com
Nicht mehr hier und noch nicht dort. Ich so am Flughafen Doha, Übergang und liminale Phase, Victor Turner und alles, ist ja ein alter Hut. Sehr viel lebensweltlicher und hoffentlich schockierender dagegen: Im Ruheraum des Wartebereichs riecht es streng nach Füßen. Nach internationalen Füßen, immerhin. Ich versuche meine Beine auszustrecken, was auf den vermeintlich ergonomisch geformten Liegen nicht funktioniert, weil sie so kurz sind, dass die Beinlehne nur bis zum Unterschenkel reicht. Nach einigen Minuten muss ich meine Lage wechseln, weil die Kante der Beinlehne den Füßen das Blut abschnürt. Aus Protest ziehe ich meine Schuhe aus und mische mich olfaktorisch unter die Wartenden.
Der Rest vom kleinen Flughafen ist im Grunde eine Shopping-Mall für Luxus- und Designerwaren. Die üblichen Parfums, Fotoapparate, Mobiltelefone, Armbanduhren. Alles glitzert, täuscht Weltgewandtheit und Modernität, vielleicht sogar Kultiviertheit vor. Dieser Korpus an Dingen ist hier mitten ins Herz der Fremdheit eingebaut, mitten zwischen uns Reisende aus allen Windrichtungen gestellt worden, die wir uns hastig anblicken und mustern, Gemeinsamkeiten und Fremdartigkeiten in Sekundenbruchteilen erfassen und dabei frei von der Leber stereotypisieren (ich zumindest). Die Auslagen der Stände und Geschäfte sind vielleicht ein Kristallisationspunkt der internationalen Warenwelt. Diese Dinge begleiten uns auf unseren Wegen quer durch die Welt, von Sydney nach Frankfurt, von Manila nach Washington, von Kinshasa nach Moskau. Genaugenommen begleiten sie uns nicht, also zumindest mich nicht, denn neben mir saß im Flugzeug keine Rolex, sondern eine bayrische Geschäftsfrau mittleren Alters und schweren Akzents, mit ihrer vielleicht achtjährigen Tochter und ihrer Mutter, auf dem Weg über Doha nach Dubai. Nein, auf diese Dinge stoße ich in Doha. Hier erscheinen sie als ein Sammelsurium an portablen Zeichen, die die Zugehörigkeit zu einer Idee von kommerziell universalisierter Elite sichtbar machen, egal an welchem kulturellen, religiösen oder politischen Herdfeuer der Träger sich nach seiner Heimkehr wärmen wird.
Glitzernder Schein: Der Duty Free Bereich eines
international riechenden Flughafens irgendwo am Persischen Golf.
Der chinesische Handelsreisende neben mir – das sag ich jetzt mal, woher soll ich denn wissen, wer er ist und was er hier macht? Also nochmal: Der chinesische Handelsreisende neben mir auf der Liege dreht sich um und grunzt wohlig dabei, als wolle er damit folgenden Gedanken bekräftigen: Dinge sind wie Worte, sie können auf etwas außerhalb ihres unmittelbaren Kontextes verweisen, machen aber vor allem Sinn und erhalten ihre Bedeutung vor allem in konkreten Situationen und durch den Umgang konkreter Menschen mit ihnen. Dinge wie Worte. Ich denke da an Begriffe, die sich loslösen von ihrem Herkunftszusammenhang, um aus welchen Gründen auch immer durch Raum und Zeit zu wandern, um an völlig anderen Orten wieder aufzutauchen. „Asia in Miniature“ ist ein Beispiel, das James Ferguson in seiner durch und durch lesenswerten Copperbelt Ethnographie „Expectations of Modernity“ erwähnt. "Asia in Miniature," das steht an einer Hauswand in Fergusons Nachbarschaft. Und nachdem der Ethnograph wochenlang grübelte, was damit gemeint sein könnte, eröffnete ihm ein „Informant“, dass diese Worte wohl jemand aus einem Schulbuch abgeschrieben hatte, der gar kein Englisch konnte. Hm. Alles weitere Bohren und Fragen Fergusons, was diese Botschaft denn nun bedeuten sollte, führte also zu der vollkommen folgerichtigen Antwort: Nichts!
Feldforschung kann so schön sein.
Ich denke in diesem Zusammenhang auch an das „New Viagra Pub“ irgendwo in Daressalam, dessen Namensgebern man durchaus eine sinnstiftende und irgendwie die Menschen zusammenführende Absicht in ihrer Namenswahl unterstellen kann. Genau weiß ich das aber nicht und vermute, dass auch hier das „weiße Rauschen“ der Kultur am Werk war. Oder die Aufschrift auf dem selbstgezimmerten Bretterwürfel am Straßenrand, in dem ich mir einst von einem zugedröhnten Bürschlein die Haare scheren ließ: „Thug Life Barber Shop.com“. Die Internetseite habe ich nie gefunden, vielleicht auch nie danach gesucht, wer weiß das schon. Aber „dot com“ macht sich in jedem Fall gut. Dann wäre da noch das fahrende soziale Netzwerk, der städtische Minibus mit der weißen Heckscheibenaufschrift auf blauem Grund: „facebook“, den ich ständig an mir vorbeidonnern sehe, wenn ich meinen Fotoapparat gerade mal nicht bei der Hand habe. Dabei ist er eigentlich mein Favorit, da er diesem unfassbaren, immateriellen Internetgelöt eine greifbare und darüber hinaus herrlich qualmende und stinkende Materialität schenkt. Facebook, ganz ohne Internetanschluss: einfache Fahrt 300 Schillinge.
Was lernen wir daraus? „Sinngebungen über kulturelle Kontexte hinweg haben nicht unbedingt etwas mit kultureller Vereinheitlichung oder 'MacDonaldisierung' zu tun.“ Sagt wer? Viele sagen das (Soundso et al. 2012). Und: Manchmal wandern die Zeichen und Bedeutungen auf Umwegen ins Nirgendwo, manchmal geht ihre ursprüngliche Bedeutung unterwegs einfach verloren. Jetzt hätte ich fast mit einer nicht neuen, aber doch hübsch formulierten Konklusion geendet, deswegen schiebe ich noch rasch das hier hinterher: Ich finde das tröstend und durchaus ermutigend, dass nicht immer alle so genau wissen oder erklären können was sie tun. Da mache ich mit.
Der Rest vom kleinen Flughafen ist im Grunde eine Shopping-Mall für Luxus- und Designerwaren. Die üblichen Parfums, Fotoapparate, Mobiltelefone, Armbanduhren. Alles glitzert, täuscht Weltgewandtheit und Modernität, vielleicht sogar Kultiviertheit vor. Dieser Korpus an Dingen ist hier mitten ins Herz der Fremdheit eingebaut, mitten zwischen uns Reisende aus allen Windrichtungen gestellt worden, die wir uns hastig anblicken und mustern, Gemeinsamkeiten und Fremdartigkeiten in Sekundenbruchteilen erfassen und dabei frei von der Leber stereotypisieren (ich zumindest). Die Auslagen der Stände und Geschäfte sind vielleicht ein Kristallisationspunkt der internationalen Warenwelt. Diese Dinge begleiten uns auf unseren Wegen quer durch die Welt, von Sydney nach Frankfurt, von Manila nach Washington, von Kinshasa nach Moskau. Genaugenommen begleiten sie uns nicht, also zumindest mich nicht, denn neben mir saß im Flugzeug keine Rolex, sondern eine bayrische Geschäftsfrau mittleren Alters und schweren Akzents, mit ihrer vielleicht achtjährigen Tochter und ihrer Mutter, auf dem Weg über Doha nach Dubai. Nein, auf diese Dinge stoße ich in Doha. Hier erscheinen sie als ein Sammelsurium an portablen Zeichen, die die Zugehörigkeit zu einer Idee von kommerziell universalisierter Elite sichtbar machen, egal an welchem kulturellen, religiösen oder politischen Herdfeuer der Träger sich nach seiner Heimkehr wärmen wird.
Glitzernder Schein: Der Duty Free Bereich eines
international riechenden Flughafens irgendwo am Persischen Golf.
Der chinesische Handelsreisende neben mir – das sag ich jetzt mal, woher soll ich denn wissen, wer er ist und was er hier macht? Also nochmal: Der chinesische Handelsreisende neben mir auf der Liege dreht sich um und grunzt wohlig dabei, als wolle er damit folgenden Gedanken bekräftigen: Dinge sind wie Worte, sie können auf etwas außerhalb ihres unmittelbaren Kontextes verweisen, machen aber vor allem Sinn und erhalten ihre Bedeutung vor allem in konkreten Situationen und durch den Umgang konkreter Menschen mit ihnen. Dinge wie Worte. Ich denke da an Begriffe, die sich loslösen von ihrem Herkunftszusammenhang, um aus welchen Gründen auch immer durch Raum und Zeit zu wandern, um an völlig anderen Orten wieder aufzutauchen. „Asia in Miniature“ ist ein Beispiel, das James Ferguson in seiner durch und durch lesenswerten Copperbelt Ethnographie „Expectations of Modernity“ erwähnt. "Asia in Miniature," das steht an einer Hauswand in Fergusons Nachbarschaft. Und nachdem der Ethnograph wochenlang grübelte, was damit gemeint sein könnte, eröffnete ihm ein „Informant“, dass diese Worte wohl jemand aus einem Schulbuch abgeschrieben hatte, der gar kein Englisch konnte. Hm. Alles weitere Bohren und Fragen Fergusons, was diese Botschaft denn nun bedeuten sollte, führte also zu der vollkommen folgerichtigen Antwort: Nichts!
Feldforschung kann so schön sein.
Ich denke in diesem Zusammenhang auch an das „New Viagra Pub“ irgendwo in Daressalam, dessen Namensgebern man durchaus eine sinnstiftende und irgendwie die Menschen zusammenführende Absicht in ihrer Namenswahl unterstellen kann. Genau weiß ich das aber nicht und vermute, dass auch hier das „weiße Rauschen“ der Kultur am Werk war. Oder die Aufschrift auf dem selbstgezimmerten Bretterwürfel am Straßenrand, in dem ich mir einst von einem zugedröhnten Bürschlein die Haare scheren ließ: „Thug Life Barber Shop.com“. Die Internetseite habe ich nie gefunden, vielleicht auch nie danach gesucht, wer weiß das schon. Aber „dot com“ macht sich in jedem Fall gut. Dann wäre da noch das fahrende soziale Netzwerk, der städtische Minibus mit der weißen Heckscheibenaufschrift auf blauem Grund: „facebook“, den ich ständig an mir vorbeidonnern sehe, wenn ich meinen Fotoapparat gerade mal nicht bei der Hand habe. Dabei ist er eigentlich mein Favorit, da er diesem unfassbaren, immateriellen Internetgelöt eine greifbare und darüber hinaus herrlich qualmende und stinkende Materialität schenkt. Facebook, ganz ohne Internetanschluss: einfache Fahrt 300 Schillinge.
Was lernen wir daraus? „Sinngebungen über kulturelle Kontexte hinweg haben nicht unbedingt etwas mit kultureller Vereinheitlichung oder 'MacDonaldisierung' zu tun.“ Sagt wer? Viele sagen das (Soundso et al. 2012). Und: Manchmal wandern die Zeichen und Bedeutungen auf Umwegen ins Nirgendwo, manchmal geht ihre ursprüngliche Bedeutung unterwegs einfach verloren. Jetzt hätte ich fast mit einer nicht neuen, aber doch hübsch formulierten Konklusion geendet, deswegen schiebe ich noch rasch das hier hinterher: Ich finde das tröstend und durchaus ermutigend, dass nicht immer alle so genau wissen oder erklären können was sie tun. Da mache ich mit.
lekke - 28. Dez, 07:14


Ich mochte diese morgendliche Fahrt über den Hafen. An diesem Tag lag zur einen Seite ein riesiges Schiff namens „Walenius Wilhemsen“, wie ein umgestürztes Hochhaus im schwarzen Wasser. Ich drehte den Kopf und blickte auf die andere Seite in die sich zum indischen Ozean hin öffnende Bucht: nächster Halt Zanzibar. Aufs Wasser starren und an den Münchner Marienplatz denken. Oder an die Fähre zwischen Meersburg und Konstanz. Endweitweg. Eine andere Welt. Am anderen Ufer dagegen: erneutes Gedränge, und wie mir das zum Hals heraushing. Hupende Autos scheuchten uns von der Rampe, über den Beton, durchs Tor hoch zur Straße. Eine Reihe schrottiger Minibusse stand im Stau, dahinter eine weitere Reihe, alle mit laufenden Motoren, eine Bleiwolke stand in der Luft, die Autos und Mopeds von der Fähre trafen auf den Stau, drängten sich irgendwie dazwischen, hupten, die Fußgänger, Radfahrer schoben sich mit rein, die Busleute schrien ihre Fahrtziele in das Chaos, schlugen dabei mit der flachen Hand auf ihre Blechkanister: Guten Morgen Daressalam.
Durch das kleine Dorf Bombo Majimoto in den nördlichen Usambara-Bergen fließt so gut wie kein Geld. Die Menschen leben von Mais- und Reisanbau, halten sich einige Ziegen, Schafe und Hühner. Sie bauen keine cash crops an, also Agrarprodukte, die sich gewinnbringend verkaufen ließen. „Wenn einer bei uns krank wird, bitten wir einen Verwandten in der Stadt uns Geld zu schicken,“ sagt mein Gastgeber. Dabei geht es dann um Beträge von zwei oder drei Euro, die über Genesung oder Leid entscheiden. Gemeinsam besuchen wir seinen Onkel, der in einer kleinen Hütte auf einem der umliegenden Hügel lebt. Er wird langsam blind. Seine Kinder sind bis auf eines gestorben, und sein verbleibender Sohn, selber weit über vierzig Jahre, schafft es gerade so, ihm in harten Zeiten einen Teller Reis vorbeizubringen. Während wir vor seinem Haus sitzen zähle ich die Ziegen, die an den Pfosten des Vordaches angebunden stehen. Ich komme auf sechs ausgewachsene Tiere und zwei Zicklein. Weiter besitzt dieser Mann nichts.
Am späten Nachmittag kommen wir zurück ins Dorf. Die Hütten sind genauso rotbraun wie der Boden, wen wundert´s, sind sie doch aus ebendiesem Lehm gebaut. Vor einigen dieser Hütten sitzen jetzt Frauen und Kinder, die die Körner von Maiskolben pulen und auf einen Haufen werfen. Später wird das zu Mehl gestampft und anschließend zu Ugali, dem typisch ostafrikanischen Bauchfüller verkocht. Dazu gibt es Bohnen und ein bisschen Blattgemüse. Den Mais bauen sie selber an, frühmorgens mit der Hacke auf dem Feld. Man verdient sich im Wortsinne seine Mahlzeit durch harte Arbeit. Die Leute essen das, was sie angebaut haben. Punkt. Ganz sicher könnte ich hier keine Woche überleben.
Als ich nach einigen Tagen aufbreche, verabschiede ich mich nicht, so, wie man mir geraten hatte. Es gäbe zu viel Glauben an Hexerei und so, da sei es besser, die Leute wüssten nicht, wann ich mich wo auf den Weg mache. Also mache ich kein Trara aus meinem Aufbruch, sondern sage schlicht, ich fahre mal eben in die nächste Ortschaft. Bis später also Leute. Ein Bruder oder Schwager fährt mich mit dem Moped stundenlang durch die Bergdörfer bis in die nächste Stadt. Am Abend des nächsten Tages komme ich in Daressalam an. Oh stinkender Großstadtmoloch, du hast mich wieder.
Die ersten verlassen die Diskussionsrunde, stecken die gemeinsam benutzten Werkzeuge zurück in die Tüte und stellen ihre Schuhe auf der Straße auf. Ich gehe mit vor und setze mich mit A. auf einen der viereckigen Betonkübeln am Straßenrand, in denen wohl mal Blumen wachsen sollten, die man aber stattdessen mit ihrer undefinierten staubigen Füllung und ohne Blumen dem ergrauenden Schicksal der Stadt überlassen hat. Es ist bereits halb zwölf vormittags, und A. eröffnet mir, dass es sich nicht mehr lohnen würde für ihn, jetzt in Rotation zu gehen. Er geht wie jeden Tag kurz vor eins in die Moschee, gemeinsam mit H. und M., zum Mittagsgebet. Später dann wieder um vier Uhr nachmittags. Diese Zeiten geben vor, wann er Schuhe verkaufen kann und wann er sich vor seinem Gott verneigt.
Nach der zweiten Gebetszeit des Nachmittags gehen wir zu „Mariedo“, einer Straßenecke an der zentralen Bushaltestelle „Posta“, wo sich einige der Jungs jeden Nachmittag niederlassen um ihre Schuhe auszulegen. Hunderte von Menschen strömen nun vorbei, die ihre Büros verlassen haben und sich nun mit den elend überfüllten Dreckschleudern von Minibussen auf den Weg in ihre Wohnviertel außerhalb des Zentrums machen. Mittags können A. und seine Kollegen hier nicht „lauern“, da sie der private Wachmann des anschließenden Business-Komplexes dann grundsätzlich vertreibt. Nachtmittags ist er entspannter, vielleicht einfach auch nur zu faul um ständig mahnend auf und ab zu stolzieren, mit tiefschwarzer Uniform, Schulterklappen und Dienstmütze eine Karikatur seiner selbst. Wir alle sind platt von dem langen Fußweg durch die Stadt, sitzen wortlos auf dem staubig-warmen Asphalt und lehnen mit dem Rücken an die Wand eines 20-stöckigen Hochhauses. Ich recke den Kopf nach hinten und sehe an der gekachelten Wand entlang nach oben in den Himmel. Ein Flugzeug wird von einer strahlend weißen Wolke verschluckt.
Im Westen des Zentrums das Marktviertel Kariakoo, benannt nach den „Carrier-Corps“, den afrikanischen Trägern, die von den späteren britischen Kolonialherren hier im Schachbrettmuster angesiedelt wurden. Das drängelnde Treiben auf der Mtaa wa Kongo, die sich am einen Ende wie ein Trichter verjüngt, so dass die Passanten, ähnlich dem Vieh im Schlachthof, an der Engstelle gezwungenermaßen auf Tuchfühlung mit den allgegenwärtigen Taschendieben gehen müssen. Sehr viel eher „mein Afrika“ als Serengeti, Kilimandscharo und Trommeln am Lagerfeuer.
Kurz bevor wir im Stadtzentrum an jener weltberühmten Straßenecke vorbeikommen, die regelmäßige Leser dieses Blogs nun selbst im Schlaf oder wahlweise mit verbundenen Augen, geknebelt und gefesselt im Kofferraum eines Autos eingesperrt, als Hauptschauplatz der hier angesammelten Texte identifizieren würden, biegen wir scharf nach rechts ab, dann gleich wieder nach links, und fahren am Hafen entlang in Richtung der Fähre. Sie wird mich zum luftig-grünen Zipfel jenseits der „Bucht des Friedens“ übersetzen. Ein infrastruktureller Alptraum, sind die knapp 200 Meter, die mangels einer Brücke mit zwei kleinen Fährschiffen überquert werden müssen, dennoch in gewisser Hinsicht ein Segen. Jenseits dieser paar Meter indischen Ozeans ist die enge Stadt plötzlich weiter weg, als sie tatsächlich ist. Hier gibt es keinen Lärm und keinen Stau. Stattdessen Kühe, Kokospalmen, das Türkis des Ozeans im Augenwinkel, das Grün der dichten Vegetation vor mir und den ostafrikanischen Himmel blau darüber. Die Stadtverwaltung plant eifrig eine Brücke, oder sogar zwei, und am besten noch eine Unterführung (!) unter der Bucht auf die andere Seite, um dieses wertvolle Stück Land endlich an die Stadt anzuschließen. „Mji Mpya“ soll das werden, die neue Stadt. Am Reissbrett entworfen, im Computer simuliert, für die Reichen ein Geschenk, für die ländlichen Bewohner der anderen Seite das Ende ihrer ruhigen Tage. Aber für die ist die neue Stadt ja bitte auch nicht gedacht. 
