Donnerstag, 8. Dezember 2011

Schlechte Nachrichten

Am ersten Tag, als ich an „meiner“ Straßenecke ankam, hat er mich bereits darauf angesprochen: Meine Turnschuhe, die findet er cool. Ich soll sie ihm überlassen, wenn ich nach Deutschland zurückgehe. Ich hab ihm spontan zugesagt, dass kein anderer als er sie bekommen soll.

JJ. war keiner von den Schuhverkäufern. Er hat mit zwei anderen Jungs einen kleinen „Buchladen“ betrieben, genaugenommen ein Stahlgitter, das mit gebrauchten Büchern vollbeladen war. Wenn sie Glück hatten, die drei, kam ein Schüler oder Student vorbei, und hat ihnen ein Geschichtsbuch oder einen Atlas abgekauft.

Von J. konnte ich mir nie ein genaues Bild machen. Er erschien mir wie ein harter Brocken, undurchdringlich. Hochgewachsen und schlacksig. Hat damit angegeben, dass er nie Bier, sondern immer nur harten Alk trinkt, selbstgebrannten Schnaps und so etwas. Wir haben uns nur langsam angenähert. Aber am letzten Tag habe ich mein Versprechen eingelöst, und ihm meine frisch gewaschenen und gebürsteten Adidas Marathon II übergeben. Er hat sie sofort angezogen und wahrscheinlich nie wieder abgelegt.

Soeben rief mich mein Freund A. an, und erzählte mir, dass J. letzte Woche gestorben ist. Er sei nachts von einem Auto überfahren worden, als er, vermutlich ziemlich stramm, aus einer Bar kam. Die Vorstellung, dass er meine Turnschuhe anhatte, als er seinem Schöpfer gegenübertrat, treibt mir die Tränen in die Augen.

Ruhe in Frieden J., du harte Nuss.

Neues von der Strassenecke.

Feldtagebuch von Alexis Malefakis... und was sonst noch so ist.

karibu!

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