Ein selbstgebauter Stempelgrill
Das blaue Licht macht den Unterschied. Aber darauf muss man erst einmal kommen. Zunächst hatte Amani seine zusammengezimmerte Holzkiste mit einer einfachen Neonröhre ausgestattet. Dann hat er noch einmal genauer nachgesehen: UV stand da auf dem Zettel. Ultraviolettes Licht brauchte er. Und dann wusste er auch, wo er es finden kann.
Amani macht Stempel. Mit einer Rasierklinge schnitzt er filigrane Buchstaben, Symbole und Abbildungen spiegelverkehrt und nach Vorlage seiner Auftraggeber in ein Stück Gummi und klebt es auf einen Holzgriff. Angefangen hat er damit bereits als kleiner Junge in einer christlichen Missionsstation im staubigen Hinterland Tansanias. Er wohnte in der Nähe und hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, aus der Mülltonne der Mission Essensreste zu stibitzen. Dazu musste er auf einen Baum klettern und sich über den Zaun in die Tonne fallen lassen. Eines Tages saß er in der Tonne als eine Küchenhilfe heiße Asche in die Tonne warf. So flog Amani auf. Er wurde zu seinen Eltern gebracht, die baten darum, dass Amani doch in der Mission leben könne. Man willigte ein. Da war er neun Jahre alt.
Er lebte dort als Botenjunge, brachte Brot und Milch aus dem Dorf zu den Häusern der Mission. Eines Tages wollte ein Missionsmitarbeiter in die Provinzstadt reisen, um dort Stempel machen zu lassen. Amani sagte großspurig, man solle lieber ihm das Geld geben, er könne das machen, schließlich hat er schon einmal zugesehen, wie ein Stempelmacher den Gummi bearbeitet. Er bat um alte Skalpelle aus der Missions-Krankenstation, man ließ ihn gewähren. Für seinen ersten Stempel hat er damals 400 Tansanische Schillinge bekommen. Davon hat er Schulshorts und Hemden für sich und seinen Bruder gekauft. Amani der Stempelmacher – ein selbstgemachter Mann.
Vor einiger Zeit bat mich Amani einmal eine Recherche für ihn im Internet zu machen. Es gäbe da Maschinen, die würden Stempel nach Computervorlage herstellen. Ich fand sie bei Herstellern in China. Kostenpunkt einige Millionen Tansanische Schillinge. Da konnte Amani nicht mithalten, und ich konnte ihm auch nicht so holterdipolter eine spendieren. Wenigstens aber konnte ich eine Beschreibung dieser Wunderkisten aus dem Internet ausdrucken. Da stand dann auch das mit dem blauen Licht drinnen. Amani so: Ich mach das selber, gib mal her. Als wir uns diese Woche wiedersehen führt er mich von seinem Stand auf der Straße, unmittelbar vor dem Hinterhof, den der geübte Leser dieses Blogs als Treffpunkt der Schuhverkäufer erkennen wird, in den Hauseingang, die Treppe hinauf, zu seinem neuen „Büro“ in einer Ecke des Balkons. Ich staune nicht schlecht als er den weißen Schrank aufklappt und – tadaaaa! – da steht er: der Prototyp seiner Stempelmaschine.
Und so funktioniert´s: Sein junger Kollege Richard entwirft am Laptop das Design des Stempels, nach Vorgabe der Kunden, die Amani nach wie vor auf der Straße finden. Das Design wird auf transparentes Papier gedruckt, ausgeschnitten, und auf ein passendes Stück Gummi geklebt. Amani sagt, das sei „Polymer“, und mir reicht der Hinweis, dass der Gummi seine Eigenschaften verändert, sobald er in der Maschine war. Der Trick ist nämlich, dass der belichtete Gummi gehärtet wird, unbelichteter Gummi aber sich in Benzin auflöst. Die gedruckte Schablone auf den Gummi geklebt führt also dazu, dass die erwünschte Schrift und sonstiger Schnickschnack dem blauen Licht ausgesetzt wird. Wird das Gummiteil anschließend in Benzin gebürstet, so bleiben nur diese Teile stehen, und es entsteht eine astreine Druckfläche.
In der experimentellen Phase hatte Amani auf gewöhnliches Neonlicht als Härter gesetzt. Das half aber überhaupt nicht. Also las er nochmal in dem Zettel nach, den ich ihm ausgedruckt hatte. Da stand irgendwas von „UV“. Also besorgte Amani sich so eine Insektenfalle, bei der ultraviolettes Licht lästiges Flatterzeug dazu verführt auf einem Elektrogrill zu braten. Noch im Laden begann er das Ding aufzuschrauben, was den indischen Händler hinterm Tresen schon nervös machte. Amani beruhigte ihn, auf seine Garantie würde er getrost pfeifen, er habe größeres mit den Einzelteilen vor.
„Das ist modernste Technologie mein Freund“, scherzt er jetzt. Ich bin ehrlich beeindruckt und kann ihm nur gratulieren. Bei einigen seiner Kollegen auf der Straße hat die Neuigkeit schon die Runde gemacht: Amani kann´s mit blauem Licht. Sie bringen ihm ihre Aufträge vorbei, Richard bereitet sie am Computer vor, und Amani gibt sie in den Neongrill. Und nicht nur das kurbelt das Geschäft an: Amani hat bereits Anfragen bekommen weitere Stempelmaschinen zu bauen. Die wird er sich gut bezahlen lassen.
Amani macht Stempel. Mit einer Rasierklinge schnitzt er filigrane Buchstaben, Symbole und Abbildungen spiegelverkehrt und nach Vorlage seiner Auftraggeber in ein Stück Gummi und klebt es auf einen Holzgriff. Angefangen hat er damit bereits als kleiner Junge in einer christlichen Missionsstation im staubigen Hinterland Tansanias. Er wohnte in der Nähe und hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, aus der Mülltonne der Mission Essensreste zu stibitzen. Dazu musste er auf einen Baum klettern und sich über den Zaun in die Tonne fallen lassen. Eines Tages saß er in der Tonne als eine Küchenhilfe heiße Asche in die Tonne warf. So flog Amani auf. Er wurde zu seinen Eltern gebracht, die baten darum, dass Amani doch in der Mission leben könne. Man willigte ein. Da war er neun Jahre alt.
Er lebte dort als Botenjunge, brachte Brot und Milch aus dem Dorf zu den Häusern der Mission. Eines Tages wollte ein Missionsmitarbeiter in die Provinzstadt reisen, um dort Stempel machen zu lassen. Amani sagte großspurig, man solle lieber ihm das Geld geben, er könne das machen, schließlich hat er schon einmal zugesehen, wie ein Stempelmacher den Gummi bearbeitet. Er bat um alte Skalpelle aus der Missions-Krankenstation, man ließ ihn gewähren. Für seinen ersten Stempel hat er damals 400 Tansanische Schillinge bekommen. Davon hat er Schulshorts und Hemden für sich und seinen Bruder gekauft. Amani der Stempelmacher – ein selbstgemachter Mann.
Vor einiger Zeit bat mich Amani einmal eine Recherche für ihn im Internet zu machen. Es gäbe da Maschinen, die würden Stempel nach Computervorlage herstellen. Ich fand sie bei Herstellern in China. Kostenpunkt einige Millionen Tansanische Schillinge. Da konnte Amani nicht mithalten, und ich konnte ihm auch nicht so holterdipolter eine spendieren. Wenigstens aber konnte ich eine Beschreibung dieser Wunderkisten aus dem Internet ausdrucken. Da stand dann auch das mit dem blauen Licht drinnen. Amani so: Ich mach das selber, gib mal her. Als wir uns diese Woche wiedersehen führt er mich von seinem Stand auf der Straße, unmittelbar vor dem Hinterhof, den der geübte Leser dieses Blogs als Treffpunkt der Schuhverkäufer erkennen wird, in den Hauseingang, die Treppe hinauf, zu seinem neuen „Büro“ in einer Ecke des Balkons. Ich staune nicht schlecht als er den weißen Schrank aufklappt und – tadaaaa! – da steht er: der Prototyp seiner Stempelmaschine.
Und so funktioniert´s: Sein junger Kollege Richard entwirft am Laptop das Design des Stempels, nach Vorgabe der Kunden, die Amani nach wie vor auf der Straße finden. Das Design wird auf transparentes Papier gedruckt, ausgeschnitten, und auf ein passendes Stück Gummi geklebt. Amani sagt, das sei „Polymer“, und mir reicht der Hinweis, dass der Gummi seine Eigenschaften verändert, sobald er in der Maschine war. Der Trick ist nämlich, dass der belichtete Gummi gehärtet wird, unbelichteter Gummi aber sich in Benzin auflöst. Die gedruckte Schablone auf den Gummi geklebt führt also dazu, dass die erwünschte Schrift und sonstiger Schnickschnack dem blauen Licht ausgesetzt wird. Wird das Gummiteil anschließend in Benzin gebürstet, so bleiben nur diese Teile stehen, und es entsteht eine astreine Druckfläche.
In der experimentellen Phase hatte Amani auf gewöhnliches Neonlicht als Härter gesetzt. Das half aber überhaupt nicht. Also las er nochmal in dem Zettel nach, den ich ihm ausgedruckt hatte. Da stand irgendwas von „UV“. Also besorgte Amani sich so eine Insektenfalle, bei der ultraviolettes Licht lästiges Flatterzeug dazu verführt auf einem Elektrogrill zu braten. Noch im Laden begann er das Ding aufzuschrauben, was den indischen Händler hinterm Tresen schon nervös machte. Amani beruhigte ihn, auf seine Garantie würde er getrost pfeifen, er habe größeres mit den Einzelteilen vor.
„Das ist modernste Technologie mein Freund“, scherzt er jetzt. Ich bin ehrlich beeindruckt und kann ihm nur gratulieren. Bei einigen seiner Kollegen auf der Straße hat die Neuigkeit schon die Runde gemacht: Amani kann´s mit blauem Licht. Sie bringen ihm ihre Aufträge vorbei, Richard bereitet sie am Computer vor, und Amani gibt sie in den Neongrill. Und nicht nur das kurbelt das Geschäft an: Amani hat bereits Anfragen bekommen weitere Stempelmaschinen zu bauen. Die wird er sich gut bezahlen lassen.
lekke - 3. Jan, 16:33